Seit 2008 erwirbt die Schering Stiftung Zeichnungen und Druckgrafiken internationaler, in Berlin wirkender oder mit Berlin verbundener Künstler für das Berliner Kupferstichkabinett. Die Arbeiten verbleiben als „ewige“ Dauerleihgabe der Stiftung im Bestand der Staatlichen Museen zu Berlin.
Im Jahr 2013 wurden in der Ausstellung „System und Sinnlichkeit. Die Sammlung Schering Stiftung – Zeitgenössische Zeichenkunst von Tom Chamberlain bis Jorinde Voigt“ erstmals die seit 2008 erworbenen Zeichnungen im Kupferstichkabinett präsentiert.
Mit dieser Kooperation verfolgt die Schering Stiftung das Ziel, zeitgenössische Künstler nachhaltig zu fördern und ihre Werke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem soll die Zusammenarbeit sicherstellen, dass die aktuelle internationale Kunstproduktion in Berlin trotz geringer Ankaufsetats in ausreichend repräsentativen Maße Eingang in die staatlichen Sammlungen findet.
Seit Juli 2006 ist die Schering Stiftung zudem im Besitz einer Kunstsammlung, die der Sammlungstradition ihrer Stifterin, der Schering AG, entstammt. Die Sammlung enthält vornehmlich Arbeiten von Berliner KünstlerInnen. Schon in den 1960er Jahren begann die Schering AG, Kunstwerke anzukaufen oder als Auftragswerke zu erwerben. Im Rahmen der Übernahme der Schering AG durch die Bayer AG im Jahr 2006 wurde ein Teil der bis dahin entstandenen Kunstsammlung, gemeinsam mit dem Firmenmuseum, als Zustiftung an die Schering Stiftung übertragen.
Ohne Titel
2022
Die deutsche Künstlerin Ruth Wolf-Rehfeldt ist heute vor allem für ihre Schreibmaschinengrafiken bekannt, die sie zwischen 1972 und 1989/90 in Berlin (Ost) schuf. Das Blatt, das 2022 für die Sammlung der Schering Stiftung erworben wurde, ist bereits Teil der Werkgruppe der Typewritings. Konkret handelt es sich um ein unbetiteltes Werk der Serie der „Concrete Architecture“, die in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm und in der sich die Künstlerin mit Räumlichkeit auseinandersetzte. Bei dieser im Ouevre der Künstlerin einzigartigen Arbeit handelt es sich um ein Typewriting, das um eine Zeichnung erweitert wurde. Darauf ist ein organisches Gebilde zu sehen, das vor der Kulisse von sieben, nebeneinander aufgereihten, vertikal aufragenden architektonischen Konstruktionen, die an das blockhafte Erscheinungsbild sozialistischer Bauten erinnern, aus dem Boden herauswächst. Die Häuserblöcke im Hintergrund sind hingegen ebenso wie die kleinen, roten Lettern, die das Gebilde umringen und in ihrem Arrangement wie eine Menge schaulustiger und von allen Seiten herbeiströmender Individuen wirken, mit der Schreibmaschine gesetzt. Der Reiz der Darstellung liegt einerseits in dem Nebeneinander von gezeichnetem Motiv und den zum Muster angeordneten, strengen wie freien Buchstabenformationen. Andererseits demonstriert das organische Gebilde seine Kraft dadurch, dass es sich als natürlicher, organischer Gegensatz zu der gebauten Umwelt ausnimmt, die es umgibt. So gelingt es der Künstlerin in diesem Werk, das Spannungsfeld von Natur, Architektur und Mensch aufzuzeigen und künstlerisch auszuloten. Ruth Wolf-Rehfeldt wurde 1932 im sächsischen Wurzen geboren. Nach einer abgeschlossenen Lehre zur Industriekauffrau zog sie 1950 nach Berlin. Von dort aus agierte sie von 1974 bis 1989/90 innerhalb des internationalen Mail-Art-Netzwerkes. Die Künstlerin lebt in Berlin. Sie wurde 2022 mit dem Hannah-Höch-Preis der Stadt Berlin für ihr Lebenswerk geehrt.
Matt Mullican: Subjects
2021
Mit der Serie Subjects legt der US-amerikanische Künstler Matt Mullican erstmals eine lithografische Arbeit vor und erweitert so sein zwischen verschiedenen Medien oszillierendes Oeuvre um eine neue Facette. Bereits seit den 1980er Jahren entwickelt der Künstler ein komplexes Zeichensystem. Dieses entsteht in Auseinandersetzung mit aus der Alltagswelt entnommenen Zeichen, Piktogrammen und Bildern, die der Künstler um eigene Bildfindungen erweitert. Mullican selbst bezeichnet dieses Zeichensystem als Modell einer Kosmologie, das Ordnung bringen soll in das Tohuwabohu, das wir Wirklichkeit nennen. Es ist zudem Ausdruck seines ganz persönlichen Verhältnisses zur Welt. Mullican arbeitet aber nicht nur mit Symbolen und Bildern, sondern auch mit einem Code, der jeder Farbe einen symbolischen Wert zuordnet: Grün steht für Material, Blau für die Alltagswelt, Gelb für Ideen, Weiß und Schwarz für Sprache und Rot für das Subjektive. In Subjects kehrt der Künstler auch erstmals zur Schrift zurück, auf die er seit dem Jahr 1982 konsequent verzichtet hatte. Allerdings fügt er in Subjects den Text handschriftlich hinzu: die Unregelmäßigkeiten der Handschrift stehen in interessantem Kontrast zur Präzision der Drucke.
N. Dash: Commuters
2021
Die Arbeit „Commuters“, 2017, der Künstlerin N. Dash (*1980, Miami, Florida) ist der jüngste Neuzugang in der Sammlung Schering Stiftung, die als Dauerleihgabe im Berliner Kupferstichkabinett beheimatet ist.
Die „Commuters“ (dt. Pendler) sind Teil einer fortlaufenden Serie, in der N. Dash auf ihrem täglichen Weg von ihrem Zuhause in ihr Atelier in New York ein Stück Papier berührt, faltet und wieder faltet. Flüchtige Momente und der Arbeitsweg der Künstlerin schreiben sich auf diese Weise in das Material ein. Im Laufe der Zeit erscheint die Struktur des Papiers zunehmend abgenutzt und irgendwann, wenn das Material genügend Berührungen erfahren hat, „versiegelt“ es die Künstlerin. Im Fall dieser Serie hat sie dafür Graphit verwendet. Das bearbeitete und empfindlich gewordene Stück Papier wird durch den Graphit stabilisiert und in ein skulpturales Wandrelief überführt. Es entsteht eine zerklüftete Oberfläche, die die Spuren vorangegangener Berührungen sichtbar macht. Die Arbeit ist gleichzeitig ein Zeitdokument, das die Künstlerin für eine bestimmte Zeit begleitet hat und als Speicher und Spiegel von Gefühlen sowie Stimmungen betrachtet werden kann.
Tomás Saraceno: Solitary semi-social mapping FK5 159 by a solo Nephila senegalensis - 5 weeks, a sextet of Cyrtophora citricola - 4 weeks
2020
Die Arbeit „Solitary semi-social mapping FK5 159 by a solo Nephila senegalensis – 5 weeks, a sextet of Cyrtophora citricola – 4 weeks“, 2019 des argentinischen, in Berlin lebenden Künstlers Tomás Saraceno ist der jüngste Neuzugang in der Sammlung Schering Stiftung, die als Dauerleihgabe im Berliner Kupferstichkabinett beheimatet ist. Grundlage der Zeichnung ist ein von zwei verschiedenen, halbsozial lebenden Spinnenarten gemeinsam gewebtes Netz, in dem sich verschiedene Webtechniken in ästhetisch und architektonisch einzigartiger Weise miteinander verbinden. Saracenos hybride Spinnennetze sind künstlerisch wie wissenschaftlich eine Innovation. So vermochte es der Künstler im Jahr 2009 erstmals in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Biolog*innen und Ingenieur*innen ein dreidimensionales Spinnennetz abzubilden und zu rekonstruieren. Seither beherbergt sein Studio ein so genanntes „Spider Lab“, das die weltweit größte Sammlung dreidimensionaler Spinnennetze vereint und das Verhaltensbiolog*innen und Materialwissenschaftler*innen zu gemeinsamen Forschungsprojekten mit dem Künstler motiviert. Saracenos Zeichnungen aus Spinnenseide sind nicht nur ästhetisch interessante Konstruktionen, sondern werfen auch komplexe Fragestellungen zum Verhältnis von Zeichnung und Skulptur sowie menschlicher und nicht-menschlicher Co-Produktion auf.
Unter den Linden 32-34
10117 Berlin
Telefon: +49.30.20 62 29 62
Email: info@scheringstiftung.de
Donnerstag bis Freitag: 13-19 Uhr
Samstag und Sonntag: 11-19 Uhr
Eintritt frei