Professor Sir Michael J. Berridge vom Babraham Institute in Cambridge, erhält den Ernst Schering Preis 1999. Der renommierte Forscher erhält den von der Schering Forschungsgesellschaft (SFG) verliehenen und mit 75.000 DM dotierten Preis für seine grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet der Signalübertragung durch Calcium. Berridge war maßgeblich an der Erforschung der Mechanismen beteiligt, die die Signalwirkung von Calcium im Innern von Zellen steuern. Er klärte die Rolle von Calcium als Übermittler im internen Kommunikationsnetzwerk von Zellen auf.
Was macht eine Milchmahlzeit wertvoller als ein kleines Steak? Jede Mutter kennt die Lösung und weiß, wie wichtig Calcium für die Gesundheit und das Wachstum ihres Kindes ist. Calcium ist nicht nur strukturbildender Bestandteil der Knochen. Es kann viel mehr: Von dem Moment an, in dem Leben entsteht, bis zum natürlich gesteuerten Zelltod gibt es kaum einen physiologischen Vorgang, der nicht durch den Botenstoff Calcium beeinflusst wird. Unmittelbar nachdem Samen und Eizelle miteinander verschmolzen sind, durchfluten Calcium-Ionen in regelmäßigen Abständen die befruchtete Eizelle und starten so das Entwicklungsprogramm. Seit vielen Jahren erforscht Professor Berridge auf molekularer Ebene die Vielseitigkeit von Calcium als Botenstoff.
Innerhalb von Zellen muss eine unvorstellbare Anzahl von biochemischen Reaktion gleichzeitig verwaltet und gesteuert werden. Um dies sinnvoll organisieren zu können, sind Zellen in spezialisierte Abteilungen eingeteilt, sogenannte Kompartimente. Eingehende Nachrichten werden von einer Zelle zunächst durch spezifische Andockstellen (Rezeptoren) an ihrer Oberfläche registriert. Bei der Weiterleitung der Signale innerhalb der Nachrichtenagentur Zelle kommt häufig Calcium ins Spiel. Wie aber kann eine so einfache und überall vorkommende Substanz so verschiedenartige Vorgänge wie Befruchtung, Zellteilung, Zellatmung, Muskelkontraktion oder Gedächtnisleistung beeinflussen?
Jede Zelle enthält in ihrem Innern Calcium-Speicher, die von den anderen Kompartimenten abgegrenzt sind. Berridge zeigte, dass Calcium durch äußere Signale aus diesen Speichern mobilisiert werden kann. Mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren beobachtete er, dass die Freisetzung von Calcium zunächst lokal begrenzt und in definierten Mengen in Form von kurzen Pulsen erfolgt. Dies reicht, um Lokalnachrichten gezielt über kurze Entfernungen innerhalb der Zelle zu übermitteln. Doch was ist mit überregionalen Nachrichten? Wie bei einem UKW-Radiosignal ergibt sich die Signalstärke aus der zeitlichen Abfolge von einzelnen Calcium-Pulsen, der Frequenz. Hohe Frequenzen regen die Calciumfreisetzung in benachbarten Regionen an, und führen so zu einer Signalausbreitung.
Insgesamt eröffnen sich so zahllose Möglichkeiten für die Steuerung von Zellprozessen: Calcium-Signale können gezielt an eine Abteilung in der Zelle „gefunkt“ werden, also lokal begrenzt wirken. Oder sie lösen weitere Calcium-Signale aus, die sich wie eine Welle über die gesamte Zelle ausbreiten.
Die Arbeiten von Professor Berridge bilden die Basis zur Beantwortung zahlreicher Fragestellungen in der Grundlagenforschung. In Zukunft könnten sie auch bei der Entwicklung neuer Therapieansätze Bedeutung gewinnen: So unterliegen die Calcium-Pulse im gesunden Gewebe einer genauen zeitlichen und räumlichen Kontrolle. Bricht diese, etwa bei einem Schlaganfall, zusammen und steigt in Folge die Calcium-Konzentration unkontrolliert an, wird so der Zelltod in dieser Gehirnregion ausgelöst.
23.09.1999
Ernst Schering Preis 1999
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