07.09.2021, 17:15–18:15 Uhr
Die Schering Stiftung zeichnet Aviv Regev mit dem Ernst Schering Preis 2021 für ihre Pionierarbeit bei der Entwicklung grundlegender experimenteller und bioinformatischer Methoden in der Einzelzellgenomik aus. Durch ihre Forschung ist erstmals die Beschreibung der genetischen Programme von Entzündungs- und Infektionskrankheiten möglich.
Im Rahmen der Preisverleihung hält Aviv Regev die diesjährige Ernst Schering Prize Lecture mit dem Titel: Cell Atlases as Roadmaps in Health and Disease. In Ihrem Vortrag spricht sie über die Zelle als die Grundeinheit des Lebens und erklärt ihre Arbeit für den Human Cell Atlas.
Zusammenfassung: Alle Zellen eines Individuums haben die gleiche DNA-Sequenz, dennoch unterscheiden sie sich, denn in jeder Zelle kommen ganz unterschiedliche Gene zur Anwendung. Ist die Funktion eines Gens beeinträchtigt und führt so zu einer Fehlfunktion, die die Grundlage einer Krankheit ist, manifestiert sich die Krankheit vorwiegend in den Zellen, in denen dieses Gen für die Funktion der Zelle benötigt wird. Daher ist das Wissen um unsere Zellen – die Gene, die in ihnen wirken und wie sich diese voneinander unterscheiden – für das Verständnis von Krankheiten unerlässlich.
Schon seit über 150 Jahren versuchen Wissenschaftler*innen Zellen genauer zu beschreiben: ihre Form und Funktion, ihre Lage im Körper und die Moleküle, die in ihnen wirken. Lange Zeit erfolgte die Klassifizierung der Zellen allein aufgrund der unter dem Mikroskop sichtbaren Morphologie. Obwohl die DNA erstmals 1869 isoliert wurde, konnten die ersten Genome und Transkriptome, also die Gene in einer Zelle, welche zu einem spezifischen Zeitpunkt von der DNA in RNA-Moleküle umgeschrieben wurden, erst ein Jahrhundert später sequenziert werden. Zunächst wurden Massenproben mit im Schnitt Millionen von Zellen zur Klassifizierung von Zellen verwendet. Wenn jede Zelle eine Frucht wäre, ist das in etwa so, als würde man in einem Fruchtsmoothie, der aus sehr vielen verschiedenen Obstsorten zusammengemischt wurde, eine Handvoll Blaubeeren untersuchen wollen.
Aviv Regev leistete Pionierarbeit bei der Entwicklung der Einzelzellgenomik. Diese Methode ermöglicht es einzelne Zellen in einer Probe zu untersuchen. Es kann also, um das Bild weiterzuführen, die einzelne Blaubeere wie in einem Obstsalat, anstatt vermischt wie in einem Fruchtsmoothie, betrachtet werden.
Durch die stetige Weiterentwicklung der Methode und die innovative Kombination mit noch neueren räumlichen Analysemethoden und leistungsstarken Algorithmen für maschinelles Lernen, ist es Regev nun möglich, Dutzende von Millionen von Zellen zu kartieren und zu charakterisieren. Dabei werden deren Lage im Gewebe und die molekularen Schaltkreise, die die Zellen steuern, analysiert und Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die Zellen unser Gewebe in Gesundheit erhalten und bei Krankheit versagen. Auf diese Weise gelang ihr unter anderem die Identifikation von Zellen und Genen, die das Tumorwachstum vorantreiben und solchen, die für die Therapieresistenz verantwortlich sind. Ihre herausragenden Arbeiten legten den Grundstock für den Human Cell Atlas, der nun von zahlreichen Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt genutzt und weiter verfeinert wird, mit dem Ziel, alle Zellen des menschlichen Körpers unter physiologischen und pathologischen Bedingungen zu kartieren und zu charakterisieren.
Folge 6: Aviv Regev und Judith Feucht – zwei herausragende Forscherinnen im Gespräch
Zum AudioFeierliche Preisverleihung zu Ehren von Aviv Regev und Judith Feucht
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