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Preisträger*in 

Prof. Dr. Kyriacos Nicolaou - Ernst Schering Preis 2001

Prof. Dr. Kyriacos Nicolaou - Ernst Schering Preis 2001

Kyriacos Nicolaou

Ernst Schering Preis 2001

Prof. Dr. Kyriacos Nicolaou - Ernst Schering Preis 2001

Kyriacos Nicolaou

Ernst Schering Preis 2001


Die Synthese des Antikrebswirkstoffs Taxol hat ihn auch über Fachgrenzen hinweg bekannt gemacht. Jetzt würdigt die Schering Forschungsgesellschaft die pionierhaften Leistungen des renommierten Naturstoffchemikers Professor Kyriacos C. Nicolaou vom Scripps Research Institute und von der University of California, San Diego, in La Jolla, USA, und verleiht ihm den Ernst Schering Preis 2001. Mit 50.000 EUR zählt dieser zu den höchst dotierten deutschen Forschungsauszeichnungen.

Komponisten, Poeten und Architekten bearbeiten Töne, Wörter oder Baustoffe. Gar nicht unähnlich, so der Wissenschaftler Kyriacos C. Nicolaou, sei die Arbeit seiner Zunft, der Synthese-Chemiker. „Der Unterschied ist, dass wir Atome zusammenfügen.“ Und das sei „grenzenlos kreativ und nicht minder trickreich“. Der 55-Jährige widmet sich in seinen Projekten dem Nachbau von Naturstoffen – komplexe Molekülgebilde der Natur, die zum Beispiel in Bakterien, Korallen oder Bäumen vorkommen. Auch wenn es Jahre dauern kann, diese Synthesen im Labor zu entwickeln, lohnt sich die Riesenmühe doch: Viele der von Nicolaou synthetisierten Naturstoffe gelten als aussichtsreiche Kandidaten für den Einsatz gegen schwerwiegende Krankheiten – zum Beispiel Krebs. In der Krebstherapie ist einer der von Nicolaou synthetisierten Naturstoffe bereits erfolgreich im Einsatz: Taxol – Wirkstoff und Namensgeber des mit 1,6 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz (2000) derzeit bestverkauften Antikrebsmittels.

Die Gruppe um Nicolaou zählte 1994 zu den Ersten, denen es gelang, diesen Antitumor-Wirkstoff im Labor herzustellen. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hatten Naturstoffchemiker die Laborsynthese dieses komplexen Moleküls versucht. Nach großen Anstrengungen kam schließlich der Durchbruch, und seitdem hat sich Taxol zu einem breit eingesetzten Antikrebsmittel entwickelt.

Zu den weiteren Meilensteinen aus den Scripps-Labors von K. C. Nicolaou zählen die erfolgreichen Synthesen von Epothilon A und B (1996), von Eleutherobin und Sarcodictyin A (beide 1997) – letztere wurden in Bakterien beziehungsweise in einer bestimmten Art von Korallen entdeckt. Alle drei werden ebenfalls als potenzielle Antikrebs-Wirkstoffe gehandelt. Wie das Taxol beeinträchtigen sie das Verhalten der so genannten Mikrotubuli. Diese zellularen Bestandteile spielen eine wesentliche Rolle bei der Chromosomentrennung im Zuge der Zellteilung – und sind damit auch am bösartigen Wachstum von Krebsgewebe beteiligt. Die Laborsynthesen haben die Voraussetzung für weiterführende biologische Untersuchungen und klinische Studien geschaffen.

Am Scripps gelang auch die so genannte Totalsynthese von Vancomycin (1999) – ein bereits seit den 1950er Jahren bekanntes, äußerst wirksames Antibiotikum, dessen Struktur 1982 aufgeklärt werden konnte. Und erst Ende der Neunzigerjahre glückte die äußerst anspruchsvolle Laborsynthese – für die Nicolaous Team zugleich eine Reihe neuer Methoden und Strategien entwickeln musste.

All diese Naturstoffsynthesen in Nicolaous Labor sind Totalsynthesen. Die komplexe und komplizierte Architektur von Naturstoffen im Labor nachzubilden, ist ein trickreicher, mühsamer und hoch kreativer Prozess. Mitunter sind 80 bis 100 fein aufeinander abgestimmte Reaktionsschritte notwendig.

Der Vergleich mit einem Architekten liegt auf der Hand. „Der Unterschied ist, dass unsere Baustoffe Atome und Gruppen von Atomen sind, die wir in einer gewünschten Form arrangieren müssen“, so K. C. Nicolaou, der zu den weltweit führenden Synthese-Tüftlern zählt. „Die Herausforderung, eine Methylgruppe oder einen Zehnerring an der richtigen Stelle in ein Molekül einzuführen, ist durchaus vergleichbar mit der Platzierung eines Fensters in einer Gebäudefassade, so wie es der italienische Architekt Andrea Palladio verstand.“ Nicolaou über das besondere Problem für die Chemiker: „Die Natur hat Moleküle entworfen, auf die kein Chemiker kommen würde. Denn unsere Vorstellungskraft ist einfach zu begrenzt.“

Professor Nicolaou erhielt für seine bahnbrechenden Arbeiten zahlreiche nationale und internationale Preise, wurde von sieben Universitäten zum Ehrendoktor ernannt und ist Autor oder Koautor von mehr als 500 Publikationen sowie zwei Fachbüchern. Oft sind seine Naturstoffsynthesen, deren Vollendung er gerne mit einem Schachspiel vergleicht, nur unter der Einführung völlig neuer Verfahrensschritte möglich gewesen. K. C. Nicolaou ist im Besitz von über 60 Patenten.

Synthesechemiker sind inzwischen unentbehrlich für die Pharmaindustrie und Biotechnologie und könnten sich schon bald einer weiter steigenden Nachfrage erfreuen. Denn mit dem Jubel über die Entschlüsselung des menschlichen Genoms verbindet sich auch die Hoffnung, nun auf Basis der genetischen Informationen zahlreiche neue Zielproteine für Arzneimittel zu identifizieren. Das wiederum würde auch die Suche nach neuen Wirkstoffen beschleunigen, Wirkstoffe, die auch natürlichen Ursprungs sein könnten.
Viele Wirkstoffe gehen seit jeher auf natürliche Substanzen zurück. Aus dem in Weidenrinde vorkommenden Salicin etwa wurde schon 1899 im Labor ein berühmtes Schmerzmittel: Aspirin. Und auch, was mit Penicillin aus Schimmelpilzen begann, hat sich fortgesetzt: Das Paradigma von Penicillin, das erste Antibiotikum, das aus natürlichen Quellen isoliert wurde, liefert nach wie vor neue Waffen gegen Krankheiten. Bis heute haben praktisch alle Antibiotika ihre Ursprünge in natürlich vorkommenden Molekülen, die von den Chemikern abgewandelt und optimiert wurden.

Hier spielt die Laborsynthese eine entscheidende Rolle: Ist der Syntheseweg zu einem Naturstoffmolekül erst bekannt, sind dadurch auch ähnliche, aber geringfügig veränderte Moleküle sehr leicht zugänglich. Mit kombinatorischer Chemie lassen sich nämlich unzählige verschiedene Moleküle herstellen. Deren Wirksamkeit wiederum kann dann schnell und effizient im High-Throughput Screening überprüft werden. So wird an Substanzen gearbeitet, die eventuell viel wirksamer sind als die jeweiligen Vorlagen aus der Natur. Im Fall der Epothilone hat Nicolaou zum Beispiel bereits für ein Syntheseverfahren gesorgt, mit dem sich auf einfachem Wege große Epothilon-Bibliotheken für ein entsprechendes biologisches Screening erzeugen lassen.

K. C. Nicolaou selbst gibt sich bescheiden über die medizinische Bedeutung seiner Arbeiten. „Wir mögen neue Wirkstoffe finden oder deren Massenproduktion ermöglichen. Das sind die Hauptziele der Pharmaindustrie und der Biotechnologie. Aber ich denke, die wichtigste Mission für uns Akademiker ist, Grundlagenforschung zu betreiben und junge Menschen auszubilden, denn beides fördert die sinnvolle Anwendung unserer Arbeit durch die Industrie.“ Die Suche nach dem Syntheseweg für ein Wirkmolekül sei dabei manchmal wie die Heimreise des Odysseus – eine 10-jährige Irrfahrt zwar, die dem König von Ithaka durch die steten Herausforderungen aber auch viel Wissen und Weisheit gebracht habe. Nicolaou: „So ist das auch bei uns. Das Ziel zu erreichen ist nicht unbedingt das wichtigste Ergebnis einer Totalsynthese; was mehr zählt, sind die Entdeckungen, die man auf dem Weg macht – und die neuen Ideen, die man bekommt.“

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Begleitveranstaltungen 

Preisverleihung

27.09.2001
Ernst Schering Preis 2001

Madrid, Spanien

 

"Das Ziel zu erreichen ist nicht unbedingt das wichtigste Ergebnis einer Totalsynthese; was mehr zählt, sind die Entdeckungen, die man auf dem Weg macht - und die neuen Ideen, die man bekommt."

09.2001, Prof. Dr. Kyriacos Nicolaou

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