10.09. – 02.11.2003
Di+Mi 10:00–18:00 Uhr, Do 10:00–20:00 Uhr, Fr 10:00–18:00 Uhr, Sa+So 11:00–18:00 Uhr
Die Wahrheit kann beunruhigen. Das erfährt jeder, der sich in Ron Muecks sensationeller Ausstellung von den hyperrealistisch dargestellten Figuren zur Übertretung jener Grenze verführen lässt, die uns gemeinhin als Scheu vor der Intimität des Anderen erscheint und davor bewahrt, uns selbst zu genau in dessen Durchschnittlichkeit zu erkennen. So erhalten Muecks Skulpturen ihre enorme künstlerische Kraft nicht aus der Perfektion ihrer Fertigung, sondern aus dem Nicht-Perfektsein ihres Gegenstands: des Menschen.
Die Beunruhigung in dieser gestalteten Wahrheit über Geburt, Werden, Vergehen und Tod ist der Garant für das Gelingen der künstlerischen Arbeit. Durch den radikalen Bruch mit den Traditionen von Verklärung oder Kritik auf der einen und Abstraktion auf der anderen Seite gibt Ron Mueck der Kunst ihren Kern zurück, den Menschen selbst. Der Australier wurde schlagartig berühmt durch die Wanderausstellung „Sensation“ der Royal Academy of Arts, die 1998 im Hamburger Bahnhof zu sehen war. Seine Großskulptur „Boy“ machte 2001 auf der Biennale in Venedig Furore.
Vom 10. September bis zum 2. November 2003 widmete die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, unterstützt durch die Schering Stiftung, dem Künstler nun die erste Einzelausstellung in Deutschland. Sie zeigte vor allem neuere Arbeiten, die 2001 bis 2002 während seiner Zeit als „Artist in Residence“ an der National Gallery in London entstanden sind, darunter die überlebensgroße Darstellung einer selbstversunkenen, schwangeren Frau, „Pregnant Woman“, von 2002 oder „Man in a Boat“ aus demselben Jahr. Daneben standen ältere Werke wie „Man in a Sheet“ (1997) und „Shaved Head“ (1998). „Mask II“ ist ein im Jahr 2001 entstandenes, überlebensgroßes Selbstporträt des Künstlers.
Die handwerkliche Raffinesse, mit der Mueck seine Skulpturen herstellt, verfeinerte er unter anderem in Filmstudios, für die er im Bereich „Special Effects“ lebensnahe Simulationen fertigte. Als Materialien für seine Arbeit dienen ihm neben Fiberglas und Silikon auch Haare von Tieren und selbst tierisches Blut. Trotz seiner Tätigkeit für den Film dürfte Mueck der klassischen Kunst deutlich näher stehen als den Darstellungsformen der medialen Moderne. Während der zwei Jahre als „Artist in Residence“ setzte er sich intensiv mit den Meistern der Renaissance auseinander. So wird in „Mother and Child“ das alte, christliche Motiv der Geburt Jesu so unvergleichlich wiederbelebt, dass wohl kein Betrachter davon unberührt bleiben kann.
Unter den Linden 32-34
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Donnerstag bis Freitag: 13-19 Uhr
Samstag und Sonntag: 11-19 Uhr
Eintritt frei