14.09. – 25.11.2019
Freitag, 13. September 2019, 18–21 Uhr
Donnerstag bis Montag, 13–19 Uhr, Vormittagsführungen für Schulklassen und Senior*innengruppen nach Vereinbarung
Ein Boden aus Wachs, darin eingebettet aromatische Öle in Tonschalen und ringsum perlmuttfarben schimmernde Wände: In ihrer Ausstellung „Hyperdrüse“ schafft die Berliner Künstlerin Anna Virnich einen Raum, den eine flirrende Farbgebung und komplexe Geruchschoreographie durchziehen. Letztere wurde in Zusammenarbeit mit dem Kollektiv Scent Club Berlin auf der Basis ätherischer Öle, die mit synthetischen Molekülen angereichert wurden, entwickelt. Das Ergebnis dieser Kollaboration sind zwei komplementäre Duftkompositionen, deren einzelne Komponenten sich innerhalb des Raumes überlagern, so dass die eindeutige Benennung individueller Aromen kaum möglich scheint.
Dennoch lassen sich Unterschiede ausmachen: Während die eine Komposition betörende Duftnoten verströmt, die als warm und vielleicht klebrig empfunden werden mögen, ließe sich der zweite Duft als aufdringlich, herb, metallisch, ja spitz beschreiben. Doch was sind verbale Beschreibungen, wenn es um Gerüche geht? Wie die Psychologin Bettina Pause in ihrem Text für das Künstlerheft, das Anna Virnich zur Ausstellung veröffentlicht, richtig anmerkt, ist kaum vorhersagbar, welcher Geruch beim Menschen durch ein bestimmtes Molekül hervorgerufen wird. Im Gegenteil, Riechen ist eine durch und durch subjektive Erfahrung, weil selbst gleiche Gerüche bei jedem Menschen ein anderes Empfinden auslösen.
„Ein Geruch ist eine leicht eklige und anstößige Erinnerung daran, dass wir auf der Welt sind. Daran, dass alles aus einer geteilten Materie besteht. Eine Atmosphäre fällt nicht auf, bevor sie gestört wird oder sich verändert. Sie macht sich bemerkbar, sie vibriert und teilt sich mit, Luft bewegt sich, sendet Signale, Materie verändert sich, Ein-und Ausgänge verbinden sich, Stoffwechsel passieren und Stoffe machen die Runde. Geruch markiert ein ständiges Übergangsstadium. Er ist eine unheimliche Intimität mit den Dingen. In ihm offenbart sich die Außenwelt als Inneres. Geruch ist fühlendes Atmen, ein gemeinsamer, quasi-sprachlicher Austausch der Welt.“ Dies schrieb der Kunsthistoriker Baptist Ohrtmann jüngst über Anna Virnichs Arbeit „Warm Milky Acid, Silver Slip“ (2018) und formulierte damit zentrale Gedanken, die auch der vorliegenden Ausstellung zugrunde liegen.
„Hyperdrüse“ ist eine fantastische Landschaft, durchzogen von wenigen vorgegebenen Pfaden. Die funktionalen Strukturen des Projektraumes der Schering Stiftung hat die Künstlerin in einen Zustand der Transformation versetzt. Mit künstlerischen Eingriffen in den Raum, die rauschhaft und parasitär wirken, avanciert er zu einem Ambiente, das die Besucher*innen sinnlich herausfordert. So ist die Ausstellung auch eine ästhetische Auseinandersetzung mit den Bedingungen eines spezifischen Raumes, der olfaktorisch und materiell neu ausgelotet wird.
Die Ausstellung begleitet ein künstlerisch-wissenschaftlicher Austausch: Begleitend entsteht ein Künstlerheft mit Kurztexten der Geruchsforscherin und Professorin für biologische Psychologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Bettina Pause. Letztere hat in zahlreichen Studien den impliziten Einfluss des Riechens auf das menschliche Verhalten erforscht.
Die Ausstellung findet statt in Kooperation mit der Berlin Art Week und mit freundlicher Unterstützung durch Scent Club Berlin.
Unter den Linden 32-34
10117 Berlin
Telefon: +49.30.20 62 29 62
Email: info@scheringstiftung.de
Donnerstag bis Freitag: 13-19 Uhr
Samstag und Sonntag: 11-19 Uhr
Eintritt frei