Dr. Ute Wellman von der Sektion Hämatopoiese am Lehrstuhl Genetik des Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin in Erlangen erhält den Avrion Mitchison Preis 2005 für ihre Forschungsarbeit zur Entwicklung menschlicher anti-dsDNA Antikörper.
Charakteristisch für die Autoimmunerkrankung systemischer Lupus erthematodes (SLE) ist die Produktion von Autoantikörpern gegen Antigene des Zellkerns. Von besonderer Bedeutung sind anti-DNA Autoantikörper vom IgG Isotyp, die mit hoher Avidität an doppelsträngige (ds)DNA binden, da der Titer dieser Antikörper mit der Krankheitsaktivität korreliert und sich jene Antikörper als Bestandteil von Immunkomplexen in den Glomeruli von Patienten mit Nephritis ablagern.
Die Gene, welche für die variablen Bereiche der anti-dsDNA Antikörper kodieren, weisen somatische Mutationen auf und Aminosäureaustausche finden sich gehäuft in den Antigenbindungsstellen. Für Mausmodelle von SLE wurde gezeigt, dass diese Aminosäureaustausche die Affinität der Antikörper gegenüber DNA erhöhen. Dies spricht für DNA oder Nukleosomen als selektionierendes Antigen in einer Keimzentrumsreaktion.
Unser Ziel war zu untersuchen, ob auch für anti-DNA Antikörper aus Patienten eine Affinitätsreifung gegenüber DNA vorliegt. Dazu wurden die Aminosäureaustausche in humanen monoklonalen Antikörpern zur Keimbahnsequenz revertiert und die Bindung der Antikörper an DNA getestet. Überraschenderweise zeigten die zur Keimbahnsequenz revertierten Antikörper keinerlei Bindung an DNA.
Führt man ausgehend von der Keimbahnsequenz die somatischen Mutationen nacheinander wieder ein, so wird zunächt Reaktivität gegenüber einzelsträngiger DNA erworben und in einem zweiten Schritt die ursprüngliche hochaffine Bindung an dsDNA wiederhergestellt. Die identischen somatischen Mutationen sind notwendig für die Bindung sowohl an dsDNA als auch für die Bindung an die Oberfläche von apoptotischen Zellen.
Wir schlagen die Entstehung von pathogenen anti-dsDNA Autoantikörpern bei Lupus-Patienten durch folgenden Mechanismus vor. Zunächst erwerben nicht-autoreaktive B-Lymphozyten anti-DNA Reaktivität de novo durch den Prozeß der somatischen Hypermutation während einer normalen Immunantwort. Anschließend kommt es zu einer positiven Selektion der DNA-reaktiven B-Zellen durch Nukleosomen, falls diese durch eine in SLE-Patienten gestörte Phagozytose von apoptotischen Zellen als Autoantigen verfügbar sind.
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