Den Schering Preis 2011 erhält Dr. Moritz F. Kuehnel für seine Dissertation zum Thema “Metal Hydride-Induced Hydrodefluorination of Fluorinated Alkenes and Allenes” an der Freien Universität Berlin bei Prof. Dr. Dieter Lentz.
Moritz F. Kuehnel, geboren 1980 in Berlin, besuchte das Gymnasium Steglitz in Berlin und die Melbourne Grammar School im australischen Bundesstaat Victoria. Nach seinem Abitur im Jahr 2000 studierte er Chemie an der Freien Universität Berlin, wo er auch als Tutor tätig war. In seiner Diplomarbeit unter der Leitung von Dieter Lentz untersuchte er die metallorganische Chemie fluorierter Allene. Auch seine Promotion führte er in der Forschungsgruppe von Prof. Lentz durch, außerdem war er Kollegiat des interdisziplinären DFG-Graduiertenkollegs „Fluor als Schlüsselelement“. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit der übergangsmetallkatalysierten Aktivierung von Kohlenstoff-Fluor-Bindungen.
Seine Veröffentlichung in Angewandte Chemie im Jahr 2010 wurde von der Arbeitsgruppe Fluorchemie in der Gesellschaft Deutscher Chemiker als „Beste Publikation im Bereich Fluorchemie 2010/2011“ ausgezeichnet. Während seines Promotionsstudiums arbeitete Kuehnel auch als freiberuflicher Autor für Wiley-VCH und Meyers Online Encyclopaedia. Nach seiner Promotion ging er als Postdoc zu Thomas Braun an die Humboldt Universität zu Berlin, wo er die Funktionalisierung von fluorierten Molekülen in der Koordinationssphäre von Übergangsmetallkomplexen untersuchte. Vor kurzem wechselte Kuehnel als Postdoc nach Cambridge (UK), wo er in der Forschungsgruppe von Erwin Reisner neue Katalysatoren zur CO2-Aktivierung entwickelt.
Die hohe Stabilität von Kohlenstoff-Fluor-Bindungen hat sich als ein zweischneidiges Schwert herausgestellt. Einerseits bildet sie die Grundlage für die hohe chemische Resistenz fluorhaltiger Polymere wie Teflon® und kann zur Modulation metabolischer Eigenschaften von Wirkstoffen ausgenutzt werden, andererseits verleiht sie Umweltgiften wie FCKWs und PFOAs ihre unheilbringende Persistenz. Die gezielte Spaltung solch starker Bindungen stellt eine der großen Herausforderungen für die moderne Metallorganische Chemie dar, weil man sich davon nicht nur erhofft, fluorierte Schadstoffe unschädlich zu machen, sondern gleichzeitig auch aus leicht zugänglichen hochfluorierten Verbindungen kostengünstig teilfluorierte Moleküle zu gewinnen, die als wertvolle Synthesebausteine eingesetzt werden können.
Im Rahmen dieser Dissertation konnte gezeigt werden, dass ein Zirkonium-Hydridokomplex in der Lage ist, Kohlenstoff-Fluor-Bindungen in Tetrafluorallen zu spalten und in Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen umzuwandeln (Hydrodefluorierungsreaktion, HDF), wobei ein Zirkonium-Fluorokomplex entsteht. So gelangt man zu den anders kaum zugänglichen Verbindungen Trifluor- oder 1,3-Difluorallen, die ungewöhnliche Strukturen besitzen. 1,3-Difluorallen ist chiral, d. h. wie die Bausteine des Lebens existiert es in zwei spiegelbildlichen Formen (Enantiomere). Durch Darstellung eines chiralen Zirkonium-Hydridokomplexes gelang es, diese Reaktion enantioselektiv durchzuführen, sodass erstmals bei einer HDF eines der Enantiomere bevorzugt erhalten wurde.
Da chemisch verwandte Titan-Fluorokomplexe mithilfe geeigneter Reagenzien in Titan-Hydridokomplexe umgewandelt werden können, wurde ein Kreisprozess entwickelt, der nur katalytische Mengen an Titan verwendet. Dieses System erwies sich jedoch als wenig effizient für die HDF von Tetrafluorallen; Reaktivitätsuntersuchungen an anderen Hydridokomplexen legen nahe, dass dies mit der Struktur der Fluorallene und nicht des Katalysators zusammenhängt. Entsprechend konnte gezeigt werden, dass dieser Katalysator hervorragend zur HDF von Fluoralkenen geeignet ist und allen zuvor bekannten Entwicklungen hinsichtlich Effizienz, Geschwindigkeit, Anwendbarkeit und Kosten deutlich überlegen ist. In mechanistischen Untersuchungen wurde dabei ein Titan(III)-Hydridokomplex als aktive Spezies identifiziert, der bei Reaktion mit dem Substrat einen Fluorokomplex bildet. Bei dieser Umsetzung konkurrieren zwei unterschiedliche Reaktionsmechanismen, mit denen sich die beobachtete Produktverteilung gut erklären lässt.
02.11.2012, 16–18 Uhr
Schering Preis 2011 und Bohlmann Vorlesung 2012
Technische Universität Berlin
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